2
Sep
2010

Hühnerfleisch

Vielleicht mal wieder ein paar News aus Shanghai. Seit einer Woche sind Andrea und die Kiddies hier. Andrea gefällt es gut, es gilt ja auch unendlich viel zu entdecken und auszuprobieren. Niels verträgt die Trennung von seinen Freunden erstaunlich gut, kann sich aber mit den lokalen Köstlichkeiten wie den leckeren Dumplings mit nicht zu identifizierendem Inhalt, Entenblut Tofu, Schredderfrosch, Gräten mit ein bisschen Fisch dran, Hühnerfüßen oder Hühnerknochen ohne Fleisch (wo geht eigentlich das ganze Hühnerfleisch hin??) noch nicht so anfreunden. Kein Wunder wenn man sich vier Jahre ausschließlich von Leberwurstbroten ernährt wird die Wahl hier eng. Leif schwitzt sich pro Tag drei Liter Milch raus was einerseits gut ist, man spart Windeln, andererseits das Handling erschwert da er glitschig wie eine eingelegte Litschi wird. Aber er lacht wie immer und das ist prima.

Apropos Hühnerfleisch, das ist wirklich eine Frage, der ich mal bei Zeiten auf den Grund gehen muss. Grundsätzlich gilt in China:“ Das Fleisch am Knochen ist das süßeste“. Deswegen (oder schlichtweg aus purer Faulheit) wird hier jedes Tier komplett in Stücke gehackt mit einem schweren Beil platt gehauen, dass es nur so splittert und inklusive Gerüst verarbeitet. Soweit so gut. Nur, entweder sind hier alle Hühner Leptosomen oder Triathleten, denn die „Fleischbeilage“ besteht hier immer aus 90% Knorpel oder Knochen!? Ein heimlicher Blick auf die Teller der einheimischen Nachbarn entkräftet den Verdacht, dass nur immer ich als barbarischer Ausländer den harten Teil des Tieres serviert bekomme, der Chinese erfreut sich ebenfalls am Knochensplitter auf den Tisch spucken. Nicht falsch verstehen, das Essen ist hier wirklich außerordentlich gut, nur eben auch manchmal außerordentlich anders...

Ein wirklich spannendes Erlebnis ist es, mit kleinen blonden Babys das Haus zu verlassen. Der Anblick von meinem Sohn Leif mit güldenem Haar und den blauen Augen vom Opa veranlasst selbst hartgesottene Ordnungshüter von ihrer 250er Yamaha zu steigen ihn aus seiner Karre zu zerren, ordentlich durchzujuckeln und einmal ins Bäckchen zu kneifen. Er ist sicher auch das meistfotografierte Objekt in unserem Viertel. Besonders Teenager nehmen ihn ganz gern mal auf den Arm um sich von der besten Freundin mal als werdende Mutti ablichten zu lassen. Ich denke ich werde eine kleine Dose an seiner Karre befestigen und mir von meinen Arbeitskollegen ein Schild in chinesischer Sprache mit den Worten: "Ich nehme 1 RMB für 1 min herzen" anfertigen lassen. Er wird mehr Geld verdienen als sein Vater...

Drachen im Zhong Shang Park

Noch eine Geschichte über das Drachensteigenlassen:

Gestern war ich im Zhong Shan Park. Am WE herrscht dort reger Betrieb. Ältere Chinesen betreiben dort ihr Tai Chi oder man kann sie bei sonst recht merkwürdigen Bräuchen wie z.B. mit irrem Blick und weit abgespreizten Fingern rhythmisch klatschend im chaotischen Zickzack über Grünflächen springend beobachten. Sehr lustig. Aber noch viel wichtiger: Hier geht der gemeine Chinese seinem Lieblingssport nach, dem Drachen steigen lassen. Drachen steigen lassen ist hier kein Kinderkram, sondern eine extrem wichtige Angelegenheit. Wer hat den schönsten Drachen, wer kann ihn am höchsten steigen lassen usw. Es können dann schon mal 30-40 Drachen auf engstem Raum gleichzeitig in der Luft sein. An diesem Wochenende war auch ein Engländer da, der es offensichtlich auch mal probieren wollte. Er machte schon durch seine inseltypische EXPAT Freizeitbekleidung (kariertes Hemd, etwas zu kurze kurze Hose, braune Kniesrümpfe zu schwarzen Schuhen, Kippe im Mundwinkel) mächtig was her. Er baute also seinen neuen Drachen zusammen, lies Schnur, und rannte dann ohne Rücksicht auf Verluste (die hüpfenden Greise!) durch den halben Park mit dem Resultat, dass sein Drache raketengleich in den Himmel schoss. Jetzt kam hektische Aktivität unter den sonst gemütlichen chinesischen Profis auf. Durch unerwartete Scherwinde hatte sich nämlich unser englische Drache um die Schnüre der chinesischen Drachen gewickelt und drohte diese nun aus mehreren hundert Metern zum Absturz zu bringen. Sofort begann ein wildes Geschrei und chaotisches Gerenne. Unglaublicherweise haben sie es, einem Bändertanz gleich, geschafft dieses Wirrwar wieder aufzulösen. Unser Engländer hatte einen recht schwierigen Stand bei dieser Aktion...

Schöne Grüße aus Shanghai.

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